Frühwarnsystem hilft Imker*innen Varroamilbenbefall rechtzeitig und sicher zu erkennen
Presseaussendung vom 2. Juni 2023
Es gibt mehr Bienen und Imker*innen als früher Derzeit pflegen in Österreich etwa 33.400 Imker*innen rund 456.000 Bienenvölker. Nur wenige Imker*innen sind Berufsimker*innen, die mehr als 150 Bienenvölker besitzen. Die meisten Imker*innen machen das als Hobby oder als Nebenjob. Im Durchschnitt hat jede*r Imker*in 14 Bienenvölker. Die meisten Bienenvölker gibt es in Oberösterreich, Niederösterreich und in der Steiermark. Zum Imkern gehört auch der Kampf gegen die Varroamilbe, die in den 70iger Jahre eingeschleppt wurde und einer der gefährlichsten Bienenschädlinge ist. Das Software Competence Center Hagenberg (SCCH) entwickelte gemeinsam mit der bMaja GmbH ein Assistenzsystem, welches hilft, bei Milbenbefall einfach zu erkennen und rechtzeitig einzugreifen. Das Projekt „IoT am Bienenstock“ wurde im Rahmen des Förderprogrammes easy2innovate, der OÖ Kooperationsförderung für KMU, unterstützt. Mittlerweile sind daraus bereits konkrete „Queensaver“ Geräte zum KI-unterstützen Völkermonitoring entstanden.
Den Milbenbefall automatisch überwachen
Die Varroamilben sind weltweit, mit Ausnahme von Australien, verbreitet. Sie sind eine Bedrohung für Bienen, da sie ihr Immunsystem schwächen und die befallenen Völker letztendlich töten können. „Imker*innen bekämpfen die Varroa-Milbe meist mit Ameisensäure und Thymol im Sommer oder mit Oxalsäure im brutfreien Winter. Das rechtzeitige und angemessene Handeln je nach Jahreszeit ist dabei wichtig. Eine zu späte Behandlung oder eine Behandlung, die gerade nicht notwendig wäre, gefährdet die Bienen,“ ergänzt Johann Ecker, Imker und Geschäftsführer von bMaja. Es ist es wichtig, dass Imker*innen den Varroamilbenbefall ihrer Bienen regelmäßig überwachen und rechtzeitig behandeln, um das Überleben der Bienenvölker zu sichern. Eine Methode zur Überprüfung des Varroamilbenbefalls ist die laufende sogenannte Gemülldiagnose, die auch andere Informationen über den Bienenstock liefert. Legt man ein sogenanntes Windelpapier unter den Gitterboden, können Imker den Varroabefall kontrollieren, ohne den Bienenstock öffnen zu müssen. „Durch die Bewegungen und die sonstigen Aktivitäten der Honigbienen im Bienenstock lösen sich viele Materialien von den Bienenwaben und fallen nach unten durch. Diese nennt man insgesamt Gemüll. „Muss das Gemüll per Hand ausgewertet werden, ist das anstrengend und zeitaufwändig. Es wäre für die Imker*innen viel schöner, sich auf die positive Arbeit mit ihren Bienen zu konzentrieren und die lästige Zählarbeit auslagern zu können“, erklärt Ecker. „Wir haben den Auswertungsvorgang automatisiert, indem wir ein Deep-Learning-Modell entwickelten, das mittels Fotos, die pro Tag auf den Bienenstockboden gefallenen toten Milben erkennt, zählt und Rückschlüsse auf den Zustand des Bienenvolkes zulässt“, erklärt DI Theodorich Kopetzky, Area Manager Services and Solutions. Das ist Teil des von der bMaja konzipierten „Smarten Sockels“. „Unser smarter Sockel unter einem Bienenvolk liefert Gewichtsinformationen und ermöglicht die Gemüllfotografie mit automatischem Windelwechsel und KI-basierter Gemüllanalyse mit Varroaerkennung. Die Hardware für den Prototyp haben wir mit dem LCM – Linz Center of Mechatronics entwickelt “, so Ecker.
Die Herausforderungen am Weg zum smarten Imkern
Die größten Herausforderungen waren, erstens einen brauchbaren Bilder-Datensatz zu erstellen, da es Datensätze mit Varroamilben bis dato nicht gab. Zweitens ein geeignetes Deep-Learning-Network zu generieren, mit dem die Milben mit ausreichender Sicherheit erkannt und gezählt werden können und drittens daraus einen Software-Prototyp zu fertigen. bMaja stellte hunderte Fotos von verschiedenen Objekten wie Milben, Pollen, Schmutz und andere Insekten auf Windelpapieren (Stockwindel) den Expert*innen für KI und Objekterkennung des SCCH zur Verfügung. Die Fotos wurden mit einem Fish-Eye-Objektiv aufgenommen, wodurch zwar die gesamte Breite einer Stockwindel erkannt werden konnte, die Fotos nach außen hin aber verzerrt waren.
Aufgrund der hochauflösenden und qualitativ hochwertigen von bMaja waren die Milben auch am Rand klar erkennbar. Eventuelle Verzerrungen konnten mithilfe eines geeigneten Deep-Learning-Modells und entsprechender Parameter korrigiert werden. „bMaja bekam von uns ein Annotations-Werkzeug, mit dem sie die geeigneten Fotos auswählen, mit Anmerkungen versehen und zu einem geeigneten Datensatz zusammenführen konnten“, sagt Kopetzky. Anschließend wurde das Deep-Learning-Modell auf dem HPC Server des SCCH trainiert, um so neue Fotos zu annotieren. Die Annotationen wurden dann von bMaja überprüft und ergänzt, um deren Qualität und das Training des Modells weiter zu verbessern. „Das Deep-Learning-Modell funktioniert reibungslos und es können jederzeit neue Fotos hinzugefügt werden – somit kann man das System jederzeit verbessern“, erklärt Kopetzky.
Praxistest erfolgreich
Die bMaja GmbH setzt die Ergebnisse dieses Forschungsprojektes in konkrete Produktanwendungen unter der Marke Queensaver um. Derzeit sind smarte Sockel im Frienly-User-Test. „Auch mit kleinem Hardware-Einsatz und relativ wenig Aufwand lässt sich solch ein System realisieren. KI hat hier einen Nutzen für die Umwelt, in diesem Fall hilft die KI die Bienenvölker gesund zu halten. Das ist eine Arbeitserleichterung und hilft die Schädlinge in den Griff zu bekommen“, erklärt Kopetzky.
Unter Verwendung der Funktionen des „Smarten Sockels“ hat das bMaja-Team auch eine mobile Queensaver-Fotobox und eine Bienenstockwaage entwickelt. Mit einem Queensaver-Account und der Fotobox können beliebig viele Windelauswertungen in der Imkerei durchgeführt werden.
„Rechtzeitig zur nächsten Bienensaison wird auch eine Queensaver-App zur einfachen Verwaltung und Dokumentation der Daten zur Verfügung stehen“ kündigt Johann Ecker die nächste Schritte an.